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Tabuthema Eierstockkrebs

Frauen, die mit der Diagnose Eierstockkrebs konfrontiert sind, fühlen sich häufig, als würde ihnen der Boden unter den Füßen weggezogen. Sie werden meist zügig, innerhalb weniger Tage operiert. Vor und nach der Operation folgen ausführliche, klare und aufklärende Arztgespräche, ein Therapieplan wird erstellt. In den gemeinsamen Gesprächen verschafft sich der Arzt mit all seiner Empathie nicht nur ein Bild über die Ressourcen der Patientin, er fühlt auch die mentale und die körperliche Gesundheit ab, was bedeutet: In welches soziale Umfeld ist die Patientin eingebunden und wie sieht die Versorgung in den nächsten Wochen und Monaten aus? Ein Bestandteil dieser Begleitung ist die Auseinandersetzung damit, dass Eierstockkrebs in unserer Gesellschaft ein Tabu darstellt.

In unserer Gesellschaft gibt es jede Menge Tabuthemen. Wir reden nicht gerne über Geld, Tod, Krebserkrankungen, Sexualität. Kürzlich war Welteierstockkrebstag. Jedes Jahr veranstaltet die Deutsche Stiftung Eierstockkrebs an diesem Tag ein Fest, das unter einem bestimmten kulturellen Motto steht - für Menschen mit und ohne Krebserkrankung. Diesmal war das Thema Theater und die Veranstaltung fand natürlich online statt. Zum Abschluss dieses Sommertages gab es eine kleine bunte Parade, die von einer Trommelgruppe begleitet wurde. Frauen jeden Alters mit Eierstockkrebs liefen zusammen mit ihren Freunden, Kindern und Familien von der Staatsoper zum Berliner Dom. Kranke und gesunde Menschen, medizinisches Personal, darunter auch einige Ärzte, hatten sich fröhlich versammelt. Für mich war es eine neue Erfahrung, zu erleben wie durch die Parade das Thema Eierstockkrebs in die Öffentlichkeit getragen wurde - ein ganz anderer Weg, mit einer solchen Erkrankung umzugehen. Aber um das Tabu Eierstockkrebs aufzubrechen, müsste es täglich solche Demonstrationen geben. Zu erleben, dass es möglich ist, ein tabuisiertes Thema öffentlich anzusprechen, schafft Mut. Mut, um als Gesellschaft auch die anderen, noch existierenden Tabuthemen an uns heranzulassen. Es geht darum, aktiv Veränderung zuzulassen und Neues zu wagen - diese Themen Schritt für Schritt umzuwandeln. „Gemeinsam gegen Eierstockkrebs", so lautet die Initiative der Deutschen Stiftung Eierstockkrebs. Immer dann, wenn ein Thema von der Gesellschaft mitgetragen wird, entsteht Erleichterung - Gemeinsamkeit gegen Vereinzelung und Einsamkeit.